Interview mit Severin Diepold, Syskron GmbH

Servin Diepold ist Geschäftsführer der Syskron GmbH. Bei Syskron handelt es sich um das IT-Haus des Maschinenbauers Krones. Syskron ist weltweit mit mehreren Standorten vertreten. In Regensburg verfügt das Unternehmen über zwei Standorte – im Gewerbepark und der Maximilianstraße.

Hallo, erstmal herzlichen Dank für das Interview und die Möglichkeit mein Unternehmen in diesem Rahmen vorzustellen. Mein Name ist Severin Diepold und ich bin der Geschäftsführer der Syskron GmbH. Falls uns der eine oder andere noch nicht kennt, wir sind das IT-Haus des Maschinenbauers Krones.

Als Geschäftsführer sind meine Aufgabenbereiche naturgemäß weit gestreut. Neben dem operativen Geschäft ist es mir das größte Anliegen, mein Unternehmen im Markt zu etablieren und zukunftsorientiert auszurichten.

In der Syskron GmbH haben wir das Ziel, mit Hilfe von datengetriebene IT-Lösungen den Kunden und Krones zu unterstützen. In diesem Feld ist der Kontakt mit Big Data und Machine Learning unausweichlich.
Um ein Beispiel zu nennen: Wir greifen auf die Steuerungsdaten unserer Maschinen zu und werten Sensordaten aus, um Fehlerfälle von Bauteilen frühzeitig zu erkennen, oft auch als Predictive Maintenance bekannt. Somit wird der Kunde nicht durch unerwartete Störungen überrascht, sondern kann diese in den Produktionsplan einplanen. In dieser Detektivarbeit nehmen wir uns die Freiheit auf den kompletten Bausatz an algorithmischen Möglichkeiten zuzugreifen. In manchen Fällen erfüllen geschickte statistische Analysen alle Anforderungen, in anderen Fällen greifen wir auf komplexe Verfahren aus dem Bereich KI zurück.

Mit der Universität Regensburg pflegen wir eine enge Zusammenarbeit. Derzeit ermöglichen wir über 30 Werkstudenten Einblicke in unsere verschiedensten Abteilungen. Zudem promovieren zwei unserer Mitarbeiter in der Physikfakultät zu Fragestellungen im Bereich KI.

Für uns als Unternehmen ist es natürlich immer förderlich neuen Wind und neue Ideen in unsere Firma zu bekommen. Andere Sichtweisen sind bei uns immer willkommen.
Nicht zu verachten ist natürlich die Möglichkeit hochqualifizierte Mitarbeiter schon während des Studiums kennenzulernen und diese nach dem Studium auch für Syskron zu gewinnen.

Im Moment findet in unserer Industrie eine neue Revolution statt, bisher hat der Maschinenbau hauptsächlich den Stahl und die hochentwickelte Mechanik und Elektronik an die Kunden verkauft. Jetzt geht der Trend dahin, dass nur noch Services verkauft werden. Das heißt konkret: Es werden dem Kunden z.B. Sicherheiten verkauft, dass eine Maschine mindestens eine bestimmte Leistung erfüllt. Um diesen hohen Erwartungen gerecht zu werden, müssen Daten in großem Stil und auf intelligente Weise ausgewertet werden. Dafür sind Grundlagen in KI unabdingbar. Dabei ist es wichtig, neben dem algorithmischen Wissen auch konkretes Praxiswissen zu vermitteln. Wie geht man z.B. mit verrauschten Daten um oder welche Möglichkeiten habe ich, wenn Labels fehlen.

Im Moment beschäftigen wir uns mit verschiedensten Thematiken. Dabei ist das oben genannte Beispiel mit Predictive Maintenance nur eines von mehreren. In einer anderen Thematik beobachten wir die Dynamik innerhalb der Linie um den „Sündenbock“ der Linie herauszufinden, welcher durch fehlerhaftes Verhalten am meisten Produktionszeit kostet.
In einem sehr neuen und spannenden Thema entwickeln wir in Zusammenarbeit mit Krones Algorithmen, welche direkt in die Maschine eingreifen. Dadurch wird die Konfiguration der Maschinen erheblich erleichtert, die Inbetriebnahmezeit verkürzt und mögliche Fehlerquellen eliminiert. Also wir haben derzeit einige spannende Forschungsprojekte am Laufen.

Derzeit haben einige unserer Forschungsthemen einen Bezug zu KI. Um ein Beispiel im Bereich Predictive Maintenance zu nennen: Wir forschen gerade daran, automatisiert alle Sensoren der Maschine mit einer KI überwachen zu lassen. Das birgt verschiedenste Herausforderungen, da die Signale komplett unterschiedliche Charakteristiken aufweisen und der Kunde natürlich nicht mit Alarmen überströmt werden soll.

Ich denke, die größte Herausforderung ist es, die Meldungen in den Medien im Kontext von produzierender Industrie richtig einzuordnen. In den Medien wird viel von KI-Erfolgen gesprochen, welche auf immensen Trainingsdaten oder Rechenpower basieren. Beispielweise hat die erfolgreiche KI im Computerspiel Dota 2 über 40.000 Jahren gegen sich gespielt, bis sie einen Menschen schlagen konnte. Von so einer Menge an qualitativen Daten und Rechenpower kann unserer Industrie natürlich nur träumen. Von diesem Aspekt schätze ich sehr die Diskussionen mit meinen Kollegen, welche dies algorithmisch beurteilen können.

Ich finde es am faszinierendsten, dass eine KI in Strukturen in Daten findet, welche dann in der Realität wiedergefunden werden können. Besonders interessant finde ich die Treffen unserer Data Scientisten mit den Fachexperten, in denen die beiden Welten verschmelzen und neue Lösungen gefunden werden.

Wir pflegen den Austausch mit anderen Firmen auf verschiedenen Ebenen. Auf der strategischen Ebene sind wir zum Beispiel im Austausch um Anregungen für unseren Entwicklungsprozess zu bekommen. Auf algorithmischer Ebene ist der Austausch mit anderen Sondermaschinenbauern bereichernd, da die Herausforderungen in der Branche relativ ähnlich sind. Dabei kooperieren wir sowohl mit Regensburger Firmen als auch Firmen weltweit.

Ich denke, die größte Chance und Herausforderung bei KI in der Hochschulbildung ist die extensive Zusammenarbeit von verschiedensten Fakultäten. Ein KI-Projekt kann nur in einer Kooperation erfolgreich sein, es wird sowohl das Programmiergeschick der Informatik, das mathematische Wissen und Gespür für die Algorithmen, das explizite Fachwissen aus dem jeweiligen Forschungsbereich, als auch das philosophische Weitblick für mögliche Konsequenzen benötigen. Das heißt in jedem einzelnen Studiengang sollte verpflichtend eine Einführung in KI enthalten sein. Dies ist notwendig, um das Thema realistischer einschätzen zu können und Potentiale im eigenen Feld zu erkennen. In der Forschung ist es dann notwendig, dass das Denken in Fakultäten aufgebrochen wird und die Forscher in fakultäts­übergreifenden Projekten kooperieren. Nur so kann die Universität Regensburg als Vorreiter viele Forschungsfelder revolutionieren und sich auch in der Industrie die Weltmarktspitze sichern.

„Wissen schafft2 Daten“ leistet genau den richtigen Beitrag, um KI in die verschiedenen Fakultäten zu tragen und dort die Grundlagen zu legen. Wir würden uns freuen, in nächster Zeit näher mit „Wissen schafft2 Daten“ zusammenzuarbeiten!

Wenn Sie es mir erlauben, würde ich gerne noch kurz Werbung für unseren neugegründeten Industrieverein Bayern für angewandte Künstliche Intelligenz e.V. machen. In Meetups fördern wir den Austausch zwischen Forschung und den verschiedensten Industrien. Wir hatten schon wundervolle Treffen, in denen wir zum Beispiel über Embeddings oder Biases in Big Data Sets diskutiert haben. Wir freuen uns immer über neue Gesichter!

Herr Diepold, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen haben, uns diese Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!

Zuletzt bearbeitet am