Interview mit Jochen Schwenninger, Bertrandt Technologie GmbH

Der Bertrandt-Konzern bietet seit über 40 Jahren Entwicklungslösungen für die internationale Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie die Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Energie, Medizintechnik und Elektroindustrie in Europa, China und den USA. Insgesamt stehen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an über 50 Standorten für tiefes Know-how, zukunftsfähige Projektlösungen und hohe Kundenorientierung. Zu den Hauptkunden zählen die großen Hersteller sowie zahlreiche Systemlieferanten.

Jochen Schwenninger, Lead Expert im Team „ADAS/AD Software und Funktion“ bei Bertrandt Technologie GmbH Regensburg

  • Koordination der laufenden Projekte
  • Trend Scouting und Förderung von Innovationen
  • Technologieberatung

Gerade im Bereich Software für Autonome Fahrzeuge ist Künstliche Intelligenz bzw. maschinelles Lernen keine Option, sondern für viele Aufgaben DAS Standard-Werkzeug geworden. Beispiele hierfür sind die Interpretation von Sensordaten für die Beobachtung des Fahrzeugumfelds, die Optimierung von Längs- und Querführung von Fahrzeugen oder auch die Vorhersage des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer. Durch die zunehmende Vernetzung von Fahrzeugen spielt zudem der Aspekt Big Data eine immer größere Rolle bei der Entwicklung neuer Funktionen.

Aktuell gibt es mit der UR eine Zusammenarbeit bei der Modellierung von E-Maschinen-Regelungen. Über Praktika, Werkstudententätigkeiten und Abschlussarbeiten ermöglichen wir Studierenden einen Einblick in unsere praktischen Aufgabenstellungen.

Durch die Kooperation mit OTH und UR in unterschiedlichen Fachbereichen gibt es zum einen die Möglichkeit zum technischen Austausch, zum anderen die Chance, bereits frühzeitig mit interessierten Studierenden in Kontakt zu kommen. Auch gemeinsame Förderprojekte wurden bereits initiiert.

Die automatisierte Analyse von Daten wird in Zukunft einen großen Einfluss auf das tägliche Leben haben, auch wenn sie nicht immer vordergründig präsent ist. Daher ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Technologie und ihr Möglichkeiten zu schaffen, Aufklärungsarbeit zu leisten um potenzielle Vorbehalte abzubauen, aber auch Chancen und Risiken objektiv bewerten zu können.

Die Themen der Umfeld-Beobachtung, gerade mit Hilfe von LiDAR-Sensoren sind ein aktiver Forschungsbereich, in dem auch wir uns betätigen. Ein zweiter großer Themenblock ist die optimale Regelung von E-Maschinen, die durch neue Ansätze ein verbessertes Verhalten bei transienten Belastungen aufweisen.

Ein ganz konkretes Thema ist die Detektion und Klassifikation von Verkehrsteilnehmern in LiDAR-Punktwolken. Einen ersten Eindruck zum Thema kann man sich auf der Seite des Benchmarks KITTI verschaffen.

Ich habe an der Universität Ulm Elektrotechnik studiert und bin dabei während eines Praktikums mit dem Thema Music Information Retrieval (Ähnlichkeiten von Liedern, automatische Playlist-Generierung, Extraktion von Instrumenten, …) in Kontakt gekommen. Nach dem Studium war ich dann 6 Jahre im Bereich Spracherkennung für das Fraunhofer IAIS tätig und habe dort den Übergang von der „klassischen“ Spracherkennung zum Einsatz von Neuronalen Netzen miterlebt. Während dieser Zeit konnte ich über Kollegen auch viel über benachbarte Themen wie Text Mining oder Bildverarbeitung lernen. In den letzten 6,5 Jahren habe ich diese Erfahrungen bei der Entwicklung neuer Funktionen im Automobil-Umfeld eingesetzt und weitergeführt. Neben der Fortbildung in der Arbeit war dabei immer auch das private Interesse ein Bestandteil.

Solange die Themen sachlich bleiben, fällt mir der Umgang leicht. Was mich stört ist, dass manchmal das Thema KI je nach Gegenüber entweder komplett und nicht rational abgelehnt wird oder auch als einziger Weg zum Glück dargestellt wird. Beide Standpunkte finde ich schade.

Mich fasziniert die Utopie, repetitive oder auch potentiell gefährliche Arbeiten automatisieren zu können und damit den Menschen Freiräume für kreative Tätigkeiten bieten zu können. In diesen Bereichen werden die Maschinen noch eine Weile lang dem Menschen unterlegen sein.

Ganz aktuell erarbeiten wir einen Projektantrag gemeinsam mit dem Stadtwerk Regensburg, Continental, AVL, der UR und dem E-Mobilitätscluster Regensburg. Gerade die hohe Dichte spannender Firmen im Raum Regensburg sorgt dafür, dass immer wieder interessante Themen gemeinsam bearbeitet werden können. Und seit einigen Monaten sind wir an der Initiative AIR (Applied Artificial Intelligence in Regensburg) beteiligt, die ebenfalls die Förderung und Steigerung der Sichtbarkeit von KI-Themen zum Ziel hat.

KI ist aus meiner Sicht ein Werkzeug, das den Studierenden vorgestellt werden sollte. KI ist nicht für jede Aufgabenstellung das geeignete Mittel, aber die Studierenden sollten in der Lage sein, diese Entscheidung korrekt treffen zu können. Dafür benötigen sie praxisbezogene Erfahrung, um die Möglichkeiten und Folgen einschätzen zu können.

Im Moment bin ich noch interessierter Zaungast und freue mich, dass das Thema KI über das Projekt Öffentlichkeitsarbeit betreibt.

Eine der großen Gefahren von KI liegt darin, dass für das Training hochwertiger Modelle sehr häufig sowohl große Mengen an qualitativ hochwertigen Daten, als auch gewaltige Rechenressourcen notwendig sind. Dadurch wird wahrscheinlich eine Konzentration auf wenige globale Player stattfinden, die dann in einem Oligopol gesamte Themenbereiche abdecken. Wie können Initiativen wie „Wissen schafft² Daten“ dagegen steuern?

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, uns diese Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!

 

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