Interview mit Dipl.-Inf. Manuel Ullmann

Manuel Ullmann studierte von 2005 bis 2012  Informatik an der Universität Erlangen (Abschluss Dipl.-Inf.). Von 2013 bis August 2020 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informationswissenschaft der Universität Regensburg.

Im Rahmen seiner Forschung wurde das Fußgänger-Navigations-System URWalking weiterentwickelt. In der dazugehörigen Web-App können Ziele auf dem Campus, wie Hörsäle oder Büros, ausgewählt werden. Das in der Entwicklung befindliche System berechnet dann eine Route, wobei Präferenzen, wie beispielsweise die Vermeidung von Außenbereichen bei Regen, berücksichtigt werden. Anhand von auffälligen Objekten, sogenannten Landmarken, werden Nutzer dann zum Ziel geführt. Statt Anweisungen wie „Biegen Sie nach 500 Metern links ab“ heißt es also beispielsweise „Gehen Sie an der Landmarke Kugel vorbei“.

Dipl.-Inf. Manuel Ullmann
Lehrstuhl für Informationswissenschaft

In meinen Vorlesungen „Analysieren und Visualisieren mit Python“ und „Erfassen, Vorverarbeiten und Analysieren von Sensordaten“ wird die Programmierung mit Python, NumPy, Pandas und scikit-learn behandelt. Am praktischen Beispiel lernen die Studierenden, Daten aufzubereiten, zu explorieren und Modelle zu trainieren, die gewonnene Merkmale vorgegebenen Klassen zuordnen.

In meiner Veranstaltung „Erfassen, Vorverarbeiten und Analysieren von Sensordaten“ nutzen wir mathematische Formalismen, um automatisiert rationale Entscheidungen treffen zu können.  Wenn man es so ausdrücken möchte, entwerfen wir also intelligente Agenten, auch wenn diese Bezeichnung natürlich diskussionswürdig ist, da diese weder über einen freien Willen noch einen ausgeprägten Humor verfügen.

Tatsächlich ist das Vorwissen bei den Studierenden sehr unterschiedlich. Ich bemühe mich deshalb, alles von Grund auf zu erklären und freue mich, wenn es viele Fragen gibt. Wichtig scheint mir, dass man sich am Anfang nicht von Formeln erschlagen lässt, sondern versucht, die Ideen nachzuvollziehen, die hinter den Formalismen stecken. In meinen Veranstaltungen versuche ich zu vermitteln, warum ich mich für Machine Learning begeistere und welche spannenden Möglichkeiten sich daraus ergeben.

Für die wichtigste Fachkompetenz halte ich es, sich selbständig in neue Themen einarbeiten zu können. Auch wenn in zehn Jahren womöglich niemand mehr mit neuronalen Netzen arbeiten möchte, hilft ein Verständnis grundlegender Konzepte sicherlich bei der Einarbeitung in neue Techniken.

Ich bin überzeugt davon, dass es in diesem Themenbereich noch viele spannende Entwicklungen gibt, auch wenn viele vielleicht enttäuscht sein werden, wenn sich herausstellt, dass Roboter auch in den nächsten Jahren nicht imstande sein werden, die Wohnung aufzuräumen.

In unserem Lehrstuhl-Projekt URwalking arbeitenn wir an einem Navigationssytem für den Uni-Campus, das Routen vorschlägt, die dem natürlichen Verlauf von Pfaden entsprechen, die Nutzer bevorzugen. Jetzt, wo alle Vorlesungen digital stattfinden, kann man sich natürlich fragen, ob so ein System überhaupt noch gebraucht wird. Sicherlich lassen sich die dahinterliegenden Optimierungsverfahren auch auf andere Problemstellungen übertragen, beispielsweise:

Wie finde ich am schnellsten den Link zur Onlinevorlesung?

Die datengetriebene Optimierung unserer Routen ist beispielsweise ein Thema, für das sich verschiedene Verfahren, wie evolutionäre Strategien anbieten, die sicherlich auch für die Lehre im Bereich der KI interessant sind.

Ich habe während meines Studiums am Lehrstuhl für KI bereits Vorlesungen bei Herrn Ludwig gehört, sodass ich mich schnell für dieses Thema begeistert habe. Natürlich wird das Studium leichter, wenn man auch einen Blick in die Bücher wirft, die die Dozenten zur Vorbereitung verwenden. Echt toll finde ich, dass es inzwischen so viele Videos im Internet gibt, beispielsweise von Vorlesungen des MIT, die man völlig kostenlos ansehen kann.

Neues zu lernen, fällt mir immer ziemlich schwer. Da Themen mit KI-Bezug aber so spannend sind, beiße ich mich durch!

Ich finde es faszinierend, wenn man in einem Datensatz plötzlich Zusammenhänge findet, auf die man ohne eine systematische Auswertung niemals gekommen wäre. Unsere Hochzeitsgäste mussten sich einen stundenlangen Powerpoint-Vortrag anhören, wie man die wechselnden Interessen meiner Frau und mir anhand unserer gesendeten Telegram-Nachrichten der letzten fünf Jahre automatisiert herausarbeiten kann. Ist das nicht spannend?

In unserem Projekt Optapeb arbeiten wir unter anderem mit dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie zusammen. In dem Projekt geht es darum, Angststörungen zu behandeln, indem Patienten in einer virtuellen Umgebung mit ihren Ängsten konfrontiert werden.  Damit das nicht zu unheimlich wird, messen wir den Nutzerzustand mit verschiedenen Sensoren. Die gewonnenen Daten klassifizieren wir; wenn die Angst beispielsweise zu groß wird, können wir eine Empfehlung an den Therapeuten senden, ein kurzes Lob auszusprechen. Solche Zusammenarbeiten sind immer eine tolle Möglichkeit, neue Anwendungsmöglichkeiten kennenzulernen.

Ich hoffe, dass KI auch noch nach dem aktuellen Hype gefördert wird und der Nutzen daran erkannt wird, auch wenn die Entwicklung manchmal nicht so schnell geht, wie man es sich erhofft. Auch wenn es häufig frustrierend ist, Alexa zu vermitteln, dass man das Licht eingeschaltet haben möchte, glaube ich, dass die aktuellen Entwicklungen noch zu vielen einschneidenden Veränderungen führen.

Ich finde es super, dass es dieses Projekt gibt und hoffe, dass es zu mehr Zusammenarbeit verschiedener Forschergruppen führt. Bisher habe ich allerdings selbst nur wenig damit zu tun

Ich habe hier bereits alles, was ich loswerden wollte, zum Besten gegeben, auch wenn es nicht immer gefragt wurde 😉

Herr Ullmann, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen haben, uns diese Fragen zu beantworten. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!

Zuletzt bearbeitet am